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Kenichiro Ogawa: Einblicke in das SAP-Geschäft von NTT DATA aus japanischer Sicht

Kenichiro (Ken) Ogawa, Executive Vice President und COO von NTT DATA Global Solutions (GSL) sowie Executive Advisor von OYSTEC, spricht mit Gernot Kapteina, Gründer von OYSTEC, über die Rolle von NTT DATA bei der Unterstützung seiner japanischen Kunden bei der Globalisierung mit Hilfe von SAP-Lösungen.

Ken-san, vielen Dank für dieses Interview! Zuerst das Wesentliche: Können Sie unseren Lesern ein wenig über Ihre Karriere erzählen und darüber, wie Sie COO und Executive Vice President bei NTT DATA Global Solutions wurden?

Ogawa: Vielen Dank. Ja, gerne. Ich habe einen Master-Abschluss in Feinmechanik der Universität Kyoto und bin seit 1989 bei NTT DATA Corp. Dort war ich zunächst mehr als fünf Jahre lang an einem geschäftskritischen Systementwicklungsprojekt für eine große Werbeagentur mitverantwortlich. Im Oktober 1996 wurde ich dann zum stellvertretenden Leiter des Hongkonger Büros von NTT DATA ernannt. Bis September 1998 entwickelte ich verschiedene IT-Systeme für die Hongkonger Niederlassung japanischer multinationaler Unternehmen und für die Verwaltung von Hongkong und leitete gleichzeitig das ISP-Geschäft (Internet Service Provider). Nach meiner Rückkehr nach Japan wurde ich der ERP-Geschäftseinheit zugeordnet und zertifizierte mich als SAP-Consultant für SD, was zu Zeiten des bekannten SAP R/3 geschah. Im Jahr 1998 begann ich als Senior Manager in der Entwicklungsabteilung für ERP-Systeme. Später im Jahr 2005 wurde ich zum Projektleiter eines SAP-Implementierungsprojekts mit einem Budget von über mehreren Milliarden Yen und mehreren hundert Projektmitgliedern berufen. Seit 2007 bin ich zum Executive Manager befördert worden und habe in verschiedenen Abteilungen gearbeitet, unter anderem in der Beratungsabteilung, der Verkaufsabteilung und der Abteilung für Geschäftsentwicklung der Fertigungsabteilung von NTT DATA. Eines der Hauptziele war die Förderung des SAP-Geschäfts in Japan. Seitdem habe ich mehr und mehr Verantwortung übernommen. Im Jahr 2011 war ich bei NTT DATA für den Aufbau eines globalen SAP-Teams - des SAP Global One Teams - verantwortlich, da wir globale Unternehmen akquiriert hatten, die ebenfalls über SAP-Expertise verfügten. So lernten wir beide uns auch kennen. Später im Oktober 2012 gründeten wir NTT DATA Global Solutions, um SAP in japanischen Unternehmen gemeinsam mit SAP-Mitarbeitern aller NTT DATA-Einheiten aus Japan einzuführen. Ich bin dem Unternehmen bis heute treu geblieben und unterstütze NTT DATA in meiner Rolle als COO und EVP.

Auf der Grundlage Ihres Lebenslaufs können wir sagen, dass Sie ein traditioneller japanischer "Salaryman" und ein Executive sind, der hart arbeitet und sein Leben NTT DATA widmet. Auch Ihr Engagement für NTT DATA Global Solutions zeigt dies. Nun, können Sie unseren Lesern denn folgendes nahe bringen: Was für ein Unternehmen ist NTT DATA GSL, und was macht es besonders?

Ogawa: Wie Sie wissen, ist NTT DATA Global Solutions (GSL) eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von NTT DATA Corp. und wird von Motonobu Isoya als CEO und mir als COO geführt. Wir bündeln den Großteil unserer SAP-Kräfte bei NTT DATA Japan, um uns auf das reine SAP-Geschäft unserer Kunden konzentrieren zu können. Seit der Gründung des Unternehmens sind wir kontinuierlich auf derzeit fast 500 Kollegen gewachsen. Übrigens haben wir nicht mehr nur japanische Kollegen, sondern auch viele globale Kollegen unter uns. Auch das macht unser Unternehmen zu etwas Besonderem. Unsere Aufgabe ist es, japanischen Unternehmen in Japan sowie deren Tochtergesellschaften außerhalb Japans zu helfen, SAP-Lösungen nach einem ganzheitlichen Standard zu implementieren. Unsere Kollegen sind im Durchschnitt etwas jünger, extrem motiviert und mit der SAP-Welt sehr vertraut.

Wie gewinnt NTT DATA GSL neue Mitarbeiter für einen Einstieg in Ihr Unternehmen?

Ogawa: Erstens: Wir sorgen dafür, dass sich unsere Mitarbeiter wohl fühlen! So sind wir beispielsweise in ein neues Büro mit sehr moderner Ausstattung umgezogen, das ebenfalls zentral in Tokio liegt. Zweitens sorgen wir dafür, dass unsere Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich ständig weiterzubilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben: Das SAP-Geschäft ist sehr interessant, und es bietet vor allem jüngeren Leuten die Möglichkeit, mit der besten verfügbaren Unternehmenssoftware zu arbeiten. Drittens bieten wir die Möglichkeit, nicht nur mit japanischen Kunden, sondern auch weltweit mit anderen Nationalitäten zusammenzuarbeiten. Die Welt wird immer offener, und vor allem junge Menschen sind daran interessiert, sie zu erkunden.

Welche SAP-Produktpalette deckt NTT DATA GSL ab?

Ogawa: Wir sind ein wichtiger Partner von SAP und bieten die wesentlichen SAP-Lösungen an. Unsere Angebotsstruktur ist auf Consulting und Maintenance ausgerichtet. Darüber hinaus bieten wir in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern von NTT DATA Hosting-Dienste an. Ich möchte sagen: In der heutigen Welt ist es wichtig, mit einem (potenziellen) Kunden nicht sofort über SAP-Technologie zu sprechen, sondern in erster Linie über die digitale Transformation und das Ausmaß, in dem SAP dabei eine Rolle spielen kann. So kommen wir automatisch zu den SAP-Lösungen. Auch wenn wir SAP-Produkte wie Business ByDesign oder sogar Dienstleistungen für das SAP ECC-Altsystem anbieten, falls Unternehmen diese noch nachfragen, versuchen wir, unsere Kunden davon zu überzeugen, so früh wie möglich auf S/4HANA umzusteigen. Nicht nur, weil die Unterstützung für ECC auslaufen wird, sondern vor allem, weil dies den größten Nutzen bringen wird. Sobald mit dem Kunden eine digitale Roadmap mit S/4HANA als Kernsystem entwickelt wurde, können zusätzliche SAP-Komponenten leichter ergänzt werden. S/4 kann auch dazu verwendet werden, größere Datenmengen schneller zu verarbeiten. Dauerte es früher beispielsweise früher eine halbe Nacht für verschiedene Materialbedarfsplanungsläufe, so dauert es heute mit einer modernen SAP S/4HANA-Lösung nur noch Minuten bis Sekunden.

Wenn man bedenkt, dass Sie Ihre Geschäfte in Japan tätigen, wie kann sich der Leser einen typischen japanischen Kunden vorstellen, der sich für SAP interessiert, aber eigentlich dazu neigt, immer doch eher traditionell zu denken?

Ogawa: Ich würde hier zwei Kundengruppen identifizieren: Die eine Gruppe sind in der Tat eher die traditionellen japanischen Organisationen mit einem starken Fokus auf das lokale Geschäft selbst. Diese Unternehmen geben viel für die Wartung ihrer IT-Systeme aus - manchmal bis zu 80% ihres IT-Budgets. Hier versuchen wir, diese Unternehmen davon zu überzeugen, ihre zum Teil 30-40 Jahre alten Altsysteme durch SAP-Lösungen zu ersetzen. Die andere Gruppe sind so genannte Multinationale Unternehmen (MNCs). Das bedeutet, dass sie ihren Hauptsitz in Japan haben, aber auch weltweit in Übersee außerhalb Japans operieren. Mehr als 60 % dieser japanischen Kunden wollen ihre Auslandsaktivitäten weiter ausbauen, wissen aber oft nicht genau, wie sie mit SAP-Lösungen global agieren sollen. Zum einen besteht die Herausforderung darin, ein SAP-Template in Japan überhaupt fertig und abgenommen zu bekommen. Zum anderen erwarten wir unterschiedliche Herausforderungen in den verschiedenen Ländern, in denen die Rollouts stattfinden sollen - wobei nicht nur die Sprache die einzige Variation ist, sondern vor allem weitere Lokalisierungsanforderungen, die wir berücksichtigen müssen. Dies sind zum Beispiel rechtliche Anforderungen innerhalb spezieller lokaler Rechtssysteme.

Was sind die größten Herausforderungen für japanische Fachkräfte, die SAP-Projekte in Japan und im Ausland realisieren?

Ogawa: In Japan würde ich sagen, dass es immer noch gängige Praxis ist, Software in einem klassischen "Idealfall" innerhalb der eigenen Organisation entwicklen zu lassen. Man hat also die volle Kontrolle - denkt man. Das Vorurteil ist nämlich, dass Standardsoftware nicht flexibel genug sei. Aber unsere Firma ist der Meinung, dass dies in Wirklichkeit nicht stimmt: Bei SAP-Lösungen wie S/4HANA gibt es eine große Flexibilität in dem, was das Standard-Customizing bereits bietet, so dass wir versuchen, diese Bedenken auszuräumen. Und schließlich hat Standardsoftware viele Vorteile: Zum Beispiel sind Upgrades viel einfacher zu handhaben. Mein nächster Punkt ist meine Sicht auf die globale Komponente: In Übersee, aus japanischer Sicht, gibt es für uns zusätzliche Herausforderungen: Zunächst müssen wir von der japanischen Zentrale aus ein Template entwickeln, was an sich schon eine Herausforderung sein kann. Aber dann führt die Umsetzung in den überseeischen Ländern manchmal sogar zu lokalen Widerständen. Hier versuchen wir, im Rahmen eines guten Change Managements mit viel Kommunikation zu reagieren. Eine amüsante Tatsache ist, dass einige meiner japanischen Kollegen argumentieren, dass unsere Mitarbeiter in Übersee manchmal länger im Büro arbeiten sollten, weil dann der Rollout reibungsloser funktionieren würde, aber hier müssen wir meiner Meinung nach lernen, die lokalen Gegebenheiten zu respektieren. Die Arbeitsstile sind unterschiedlich, und wir haben alle das gleiche Ziel im Herzen.

Wie beeinflusst Covid-19 das SAP-Geschäft?

Ogawa: Das ist sehr ambivalent zu sehen. Auf der einen Seite mussten wir für das Beratungsgeschäft eine große Umstellung auf Remote-Arbeit vornehmen. Es ist wichtig, dass wir ein starker Partner für unsere Kunden bleiben, die sich auf uns verlassen. Auf der anderen Seite haben wir auch noch unser Wartungsgeschäft mit langfristigen Verträgen, mit denen wir weiterhin Cashflow generieren, ohne dass der Kunde oder wir das Geschäft neu organisieren müssen.

Sie sind Executive Advisor von OYSTEC. Vielen Dank für Ihr Engagement! Was denken Sie über OYSTEC, wo sehen Sie Gemeinsamkeiten oder Synergien?

Ogawa: Wie Sie wissen, denken wir Japaner oft eher traditionell - das heisst vor dem Hintergrund, dass wir stabile Strukturen bevorzugen, die über die Zeit gewachsen sind, auch im Geschäftsleben. Deshalb wird es meist als Idealfall angesehen, dass ein Japaner ein Leben lang für ein und dasselbe Grossunternehmen arbeitet - gerade auch deshalb ist die japanische Start-up-Szene noch viel kleiner als in westlichen Ländern. Aber ich kenne Sie, und ich finde es sehr mutig und auf positive Weise inspirierend, dass Sie OYSTEC zuerst in Deutschland gegründet und dann auch Ihre japanischen Wurzeln in das Unternehmen durch Globalisierung des Geschäfts eingebracht haben. Der Offering-Mix überschneidet sich zudem in guter komplementärer Weise mit Unternehmen wie NTT DATA GSL, und ich freue mich, mein eigenes Wissen einbringen zu dürfen. Ich bin sicher, dass wir auch weiterhin viel Erfolg zusammen haben werden.

Das denke ich auch. Unsere Zusammenarbeit ist sehr erfüllend. Ken-san, vielen Dank für dieses Gespräch!

 

Copyright: NTT DATA und NTT DATA Global Solutions sind eingetragene Warenzeichen der NTT DATA Corp. SAP und andere erwähnte SAP-Produkte sind Marken der SAP SE.

 

Link: NTT DATA Global Solutions Website 

Tags: Interview