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Dr. Rob Britton: Führung und technischer Wandel der Luftfahrtindustrie

Dr. Rob Britton, Experte der Luftfahrtindustrie, spricht mit Gernot Kapteina, Gründer von OYSTEC, über seine tiefgreifenden Einblicke und zukunftsweisenden Strategien im Bereich der Flugbranche und beleuchtet dabei die revolutionären Auswirkungen von Digitalisierung, KI und Krisenmanagement, wobei er insbesondere darauf eingeht, wie er American Airlines bei der Bewältigung der Ereignisse des 11. September geholfen hat. Dieses Gespräch ist ein faszinierendes Dokument voller Fachwissen und Enthusiasmus, das seine bedeutende Rolle beim Ergründen der Entwicklung der Luftfahrtindustrie und der Gestaltung ihrer Zukunft hervorhebt.


Kapteina:
Ich freue mich, heute mit Dr. Britton zu sprechen, einem angesehenen Experten für die amerikanische und globale Luftfahrtindustrie, wohnend in Washington, D.C. Rob, unsere Wege kreuzten sich zum ersten Mal während Deiner Gastvorlesungen für das MBA-Programm an der McGill Desautels Faculty of Management in Montreal, Kanada, die ich besonders aufschlussreich fand. Können wir unser Interview mit einem Rückblick auf unsere erste Begegnung beginnen, indem Du uns verrätst, was Dich dazu motiviert hat, Dich mit MBA-Studierenden zu beschäftigen und Deine umfangreichen Branchenerfahrungen zu vermitteln?

Dr. Britton: Gernot, ich freue mich, dass ich dieses Interview mit Dir führe. Ich bin seit mehr als 30 Jahren als Gastdozent tätig, angefangen in den späten 1980er Jahren an der Cornell University. Meine erste Erfahrung als Gastprofessor in einem Hörsaal war sehr aufschlussreich. Seither gebe ich mein Wissen über das Management von Fluggesellschaften an Studenten weiter und erweitere ständig meine Vortragsthemen. Ich genieße es, eine Fülle von Wissen weiterzugeben. Was mich motiviert, ist die Freude daran, etwas zurückzugeben, das Konzept, mit dem Wissen, den Einsichten und den Werten, die ich im Laufe meines Lebens gesammelt habe, "etwas weiterzugeben". - Das war meine treibende Kraft, ob bei McGill vor ein paar Jahren oder bei den über 100 anderen Business Schools, die ich besucht habe.


Kapteina:
Hast Du im Laufe Deiner Karriere mit bedeutenden Persönlichkeiten der Luftfahrtindustrie zusammengearbeitet, und gab es besondere Erkenntnisse oder Inspirationen, die Du von ihnen erhalten hast?

Dr. Britton: Ja, da gab es einige. Was mich inspiriert hat, sind echte Führungspersönlichkeiten aus der Airline-Branche, die mich immer wieder angespornt haben. Ich möchte drei Personen hervorheben:

Erstens: Stephen Wolf. Mein erster Auftrag war 1984 bei Republic Airline, einer kleinen, angeschlagenen Fluggesellschaft mit Sitz in Minnesota. Stephen, der mich einstellte, wurde aufgrund seines integrativen Führungsstils zu einer echten Inspiration. Er war maßgeblich daran beteiligt, die Kultur von Republic in vielerlei Hinsicht positiv zu verändern und eine Strategie zu entwickeln, um die Fluggesellschaft vor dem Konkurs zu bewahren. Ich bin über die Jahre mit ihm in Kontakt geblieben und finde seine offene Art und seinen erfolgreichen Führungsstil sehr inspirierend.

Und dann ist da Bob Baker. Er war während eines Großteils meiner Zeit bei American Airlines der COO. Bob war aufrichtig freundlich und bescheiden, ohne großes Ego. Er war sympathisch, aufgeschlossen und hatte ein Händchen dafür, mit Menschen auf allen Ebenen in Kontakt zu treten. Seine Kontaktfreudigkeit, z. B. seine Praxis, mit normalen Leuten in der Firmencafeteria zu Mittag zu essen, hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck.

Und dann war da noch Bob Crandall. Er war CEO von American Airlines in den 1980er und 1990er Jahren. Ich habe in den letzten beiden Jahren seiner Tätigkeit für ihn gearbeitet. Er war ein strenger Chef, aber ein erstaunlicher Mensch, bescheiden und offen für Diskussionen. Seine Bereitschaft, sich auf Diskussionen einzulassen, auch wenn er anderer Meinung war, war eine wertvolle Lektion in Sachen Führung.


Kapteina:
Wenn Du auf Deine Anfänge in der Luftfahrtbranche zurückblickst, was war genau Deine erste Aufgabe und was waren die wichtigsten Erkenntnisse, die Dir geblieben sind?

Dr. Britton: Ich begann im September 1984 als Manager für Vertriebsschulungen bei Republic. Ich war sowohl für die Erstausbildung als auch für die wiederkehrenden Schulungen der Verkaufsorganisation verantwortlich. Dies war eine Zeit des Übergangs, insbesondere nach der Deregulierung der Luftfahrtindustrie in den USA 1978. Ich kümmerte mich um die Ausbildung und das Training unseres Teams, um dieses an einen neuen, wettbewerbsorientierten Markt heranzuführen. Zwei wichtige Erkenntnisse aus dieser Erfahrung waren die Wichtigkeit, Veränderungen voranzutreiben, und die Notwendigkeit eines disziplinierten Budgetmanagements, insbesondere in einem finanziell angeschlagenen Unternehmen. Diese Grundsätze sind mir während meiner gesamten Laufbahn erhalten geblieben und haben mich gelehrt, vorsichtig mit Ausgaben umzugehen und jede Ausgabe aus der Perspektive eines Null-Budgets zu rechtfertigen.


Kapteina:
Wie bist Du nach den Ereignissen vom 11. September an die Herausforderung herangegangen, die Marke und das Vertrauen in American Airlines wieder aufzubauen?

Dr. Britton: Das ist eine gute Frage. Zwei Wochen nach den Anschlägen wurde ich zum Leiter der Werbe- und Marketingplanung bei American Airlines ernannt, um Teil eines Teams zu sein, das unsere Marke wieder aufbauen sollte. Der Prozess war diszipliniert und wissenschaftlich fundiert. Bevor wir etwas unternahmen, führten wir umfangreiche Marktforschungen durch, um die öffentliche Wahrnehmung und das Vertrauensniveau zu ermitteln. Überraschenderweise stellten wir fest, dass die Menschen uns keine Vorwürfe machten und uns immer noch großes Vertrauen entgegenbrachten, was auf ein starkes Goodwill-Reservoir gegenüber unserem Unternehmen hindeutete. Auf dieser Grundlage entwickelten wir Marketingkampagnen und legten verschiedene Strategien für das gesamte Unternehmen fest, von der Preisgestaltung bis hin zu Kundenbindungsprogrammen und Medienwerbung. Dank dieses umfassenden Ansatzes konnten wir unsere Einkommensbasis innerhalb von etwa 10 Monaten nach den Anschlägen wiederherstellen.


Kapteina:
Wie hat sich Dein Führungsstil als Reaktion auf die bedeutenden Veränderungen in der Luftfahrtindustrie über die Jahre hinweg entwickelt?

Dr. Britton: Ehrlich gesagt, denke ich nicht, dass sich mein Führungsstil sehr verändert hat. Ich habe immer geglaubt, dass effektive Führung nicht übermäßig komplex ist, sondern Grundwerte wie Authentizität, Kommunikationsbereitschaft und Ehrlichkeit erfordert. Es wird viel darüber diskutiert, ob effektive Führungskräfte geboren oder gemacht werden. Ich denke, es ist ein bisschen von beidem. Wir werden mit einer Reihe von Werten geboren, aber diese werden durch unsere Erfahrungen und die Menschen, die uns beeinflussen, geprägt. Meine Führungsqualitäten sind über die Jahre hinweg konstant geblieben. Ich habe mich darauf konzentriert, offen und zugänglich zu sein, Eigenschaften, die ich auch in meinen Reden und Schulungen zum Thema Führung hervorhebe.


Kapteina:
Mit AirLearn hast Du Lösungen für die gesamte Luftfahrt- und Reisebranche entwickelt. Kannst Du von einer besonders komplexen Herausforderung berichten, bei der Du einem Klienten erfolgreicher gemacht hast?

Dr. Britton: Das beste Beispiel, das ich hier anführen kann, ist die Beratung von neuen Unternehmen und Start-ups. Ein Großteil meiner Arbeit mit diesen Organisationen konzentriert sich auf generelle Managementansätze. Neuen Unternehmen fehlt es per definitionem oft an Management- und Führungserfahrung. Sie haben vielleicht eine brillante Idee, z. B. eine "Killer-App" oder eine innovative Technologie, aber es fehlt ihnen an Wissen in Bereichen wie Personalführung, Budgetierung und anderen wichtigen Geschäftspraktiken. Was ich in diese Start-ups mitbringe, ist das Wissen darüber, wie man diese Unternehmen effektiv führt, wobei ich auf meine Erfahrungen aus etablierten Unternehmen wie American Airlines zurückgreifen kann. Ein häufiger Ratschlag betrifft die Einstellung von Mitarbeitern. In der Welt der Start-ups besteht oft die Tendenz, Mitarbeiter nur für bestimmte Fähigkeiten einzustellen. Ich rate dazu, den Fokus ein wenig zu erweitern, denn die Einstellung von Mitarbeitern mit einem breiteren Spektrum an Fähigkeiten kann einen erheblichen Mehrwert für das Unternehmen bedeuten - sie können die Details lernen!


Kapteina: Wie haben sich Innovationen in der Luftfahrtindustrie in den letzten Jahren entwickelt, insbesondere angesichts physischer Einschränkungen und ökologischer Herausforderungen?

Dr. Britton: Das ist eine wirklich gute Frage. Die Luftverkehrsbranche unterliegt aufgrund der physischen Bewegung bestimmten Beschränkungen, die die Geschwindigkeit und das Ausmaß von Innovationen begrenzen. Zum Beispiel hat sich die Geschwindigkeit von Flugzeugen in den letzten 60 Jahren nicht wesentlich erhöht. Hinzu kommen Umweltaspekte wie der CO2-Fußabdruck, der zunehmend Anlass zur Sorge gibt. Ein Großteil der Innovationen der letzten 15 Jahre bestand darin, diese physikalischen Gegebenheiten zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten. Wir haben erhebliche Fortschritte bei der Nutzung von IT und der Digitalisierung interner Prozesse gesehen. So investieren die Fluggesellschaften beispielsweise enorm in KI und maschinelles Lernen, um den Betrieb und die Wiederherstellung zu optimieren, insbesondere als Reaktion auf Störungen wie Wetterereignisse. Auch bei den kundenorientierten Prozessen hat es viele Innovationen gegeben. Die Möglichkeit, über das Handy einzuchecken, erforderte zum Beispiel erhebliche Innovationen. Während die physischen Grenzen der Branche uns also einschränken, nutzen wir digitale Lösungen, um die Effizienz und das Kundenerlebnis zu verbessern.


Kapteina:
Welche wichtigste Lektion würdest Du Lernenden über Krisenmanagement in der Luftfahrtindustrie vermitteln?

Dr. Britton: Wenn ich in den USA, im Vereinigten Königreich und anderswo Kurse über Krisenmanagement gebe, weise ich auf bewährte Praktiken hin, die zwar offensichtlich erscheinen, aber oft übersehen werden. Der beste Weg, eine Krise zu bewältigen, besteht darin, sie von vornherein ganz zu vermeiden. Die Vorbereitung ist entscheidend, unabhängig von der Größe eines Unternehmens. Jedes Unternehmen muss einen Krisenmanagementplan haben, der alle Interessengruppen einbezieht. Dieser 360-Grad-Ansatz für das Stakeholder-Management ist unerlässlich. Bewährte Kommunikationsmethoden sind ebenfalls entscheidend. Viele Unternehmen versuchen, die Kommunikation während einer Krise auf ein Minimum zu reduzieren, weil sie denken, dass sie Dinge geheim halten können. Transparenz ist jedoch unerlässlich, und die Vorstellung, Geheimnisse innerhalb von Unternehmensgrenzen zu belassen, ist oft ein Irrglaube. Eine weitere bewährte Praxis ist die Durchführung eines Leistungsaudits nach Beendigung der Krise, um zu bewerten, wie das Unternehmen die Krise bewältigt hat. Dies hilft bei der Vorbereitung auf die nächste Krise, denn es wird wieder ein "nächstes Mal" geben.


Kapteina: 
Was sind die Kernbestandteile eines wirksamen Krisenmanagementrahmens im Luftfahrtsektor?

Dr. Britton: Ein wirksames Krisenmanagement in der Luftfahrt erfordert ein vielschichtiges Konzept. Erstens ist es von entscheidender Bedeutung, einen Sofortreaktionsplan zu haben, der im Handumdrehen aktiviert werden kann. Dazu gehören ein spezielles Krisenmanagementteam und klare Protokolle für verschiedene Arten von Krisen. Die zweite Komponente ist das Stakeholder-Management. In der Luftfahrt gibt es ein breites Spektrum von Interessengruppen, von Fluggästen und Mitarbeitern bis hin zu Aufsichtsbehörden und den Medien. Eine wirksame Kommunikation mit diesen Interessengruppen ist von entscheidender Bedeutung. Eine weitere Komponente ist die fortlaufende Bewertung und Anpassung des Reaktionsplans, wenn sich die Sachlage fortentwickelt. Schließlich ist nach der Krise, wie bereits erwähnt, eine gründliche Analyse und Nachbesprechung unerlässlich, um aus den Erfahrungen zu lernen und künftige Krisenreaktionen zu verbessern. Diese Phase nach der Krise sollte Leistungsprüfungen und Feedback-Schleifen zur Verfeinerung der Krisenmanagementstrategie umfassen.


Kapteina:
Wie hat Deine ehrenamtliche Arbeit, insbesondere in Bildungseinrichtungen, Deinen beruflichen Werdegang in der Airline-Branche beeinflusst?

Dr. Britton: Ehrenamtliche Arbeit ist ein Eckpfeiler meiner persönlichen und beruflichen Entwicklung. Durch mein Engagement in Bildungseinrichtungen habe ich mir das Konzept der "dienenden Führung" zu eigen gemacht. Das hat nicht nur mein Leben bereichert, sondern auch meinen beruflichen Ansatz in der Luftfahrtbranche nachhaltig beeinflusst. Die Zusammenarbeit mit Studenten und die Weitergabe von Wissen haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, Mentoren zu sein und etwas zurückzugeben. Darüber hinaus hat mir die ehrenamtliche Arbeit in verschiedenen Bereichen, z. B. bei Lebensmittelbanken oder bei Bauprojekten, einzigartige Perspektiven eröffnet, die meinen Führungsstil geprägt haben. Es ist eine ständige Erinnerung daran, dass wahre Führung darin besteht, anderen zu dienen und einen positiven Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten.  Einfach ausgedrückt: Jeder Freiwillige erhält weit mehr, als er oder sie gibt.


Kapteina:
Eine lobenswerte Denkweise. Kommen wir nun zur nächsten Frage: Welche Fähigkeiten, die Du in der Luftfahrtindustrie erworben hast, waren beim Wechsel in die Beratung und in die Wissenschaft für Dich am wertvollsten?

Dr. Britton: Beim Wechsel in die Beratung und die akademische Welt sind die wertvollsten Fähigkeiten, die ich aus der Luftfahrtindustrie mitgebracht habe, die Kommunikation in Wort und Schrift und das kritische Denken. Während meiner gesamten Laufbahn in der Luftfahrtbranche war die Fähigkeit, Ideen und Strategien klar zu formulieren, von entscheidender Bedeutung. Diese Fähigkeit ist auch in meiner Beratungstätigkeit wichtig, wo klare Kommunikation der Schlüssel zum Verständnis und zur Lösung komplexer Probleme ist. Kritisches Denken hingegen hat es mir ermöglicht, Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, Situationen objektiv zu bewerten und wirksame Lösungen zu finden. Diese Fähigkeit ist besonders im akademischen Bereich nützlich, wo analytische und evidenzbasierte Ansätze von grundlegender Bedeutung sind.


Kapteina:
 Was war Deiner Ansicht nach die wichtigste Neuerung in der Luftfahrtbranche während Deiner Karriere, und wie hast Du Dich darauf eingestellt?

Dr. Britton: Die wichtigste Veränderung, die ich in der Luftfahrtbranche während meiner Laufbahn erlebt habe, war der Übergang von einem staatlichen, staatlich regulierten Modell zu einem wettbewerbsorientierten, marktgesteuerten Modell. Dieser Übergang hat die Art und Weise, wie Fluggesellschaften arbeiten und konkurrieren, grundlegend verändert. Die Anpassung an diesen Wandel erforderte einen dynamischen Ansatz und die Bereitschaft, sich auf neue Strategien und Technologien einzulassen. Ich habe mich darauf konzentriert, Fluggesellschaften und Zulieferern zu helfen, diese neue Wettbewerbslandschaft zu verstehen und zu meistern, wobei ich den Schwerpunkt auf Innovation, Kundenservice und betriebliche Effizienz gelegt habe. Dazu ist es erforderlich, mit den Branchentrends Schritt zu halten, sich ständig weiterzubilden und bereit zu sein, traditionelle Denkweisen in Frage zu stellen.


Kapteina:
Und welchen Ratschlag würdest Du Berufsanfängern in der Luftfahrtbranche mit auf den Weg geben?

Dr. Britton: Denjenigen, die gerade erst in die Luftfahrtbranche einsteigen, würde ich raten, sich die Kultur des Lernens und der Anpassungsfähigkeit zu eigen zu machen. Die Luftfahrtindustrie ist dynamisch und entwickelt sich ständig weiter. Daher ist es wichtig, offen für neue Erfahrungen zu sein und bereit zu lernen. Der Aufbau von Netzwerken und Beziehungen innerhalb der Branche kann unschätzbare Einblicke und Möglichkeiten bieten. Darüber hinaus kann die Entwicklung eines breiten Spektrums an Fähigkeiten und die Offenheit für verschiedene Aufgaben und Verantwortlichkeiten innerhalb der Branche die eigenen Karriereaussichten erheblich verbessern. Es ist auch wichtig, die einzigartigen Herausforderungen der Luftfahrtindustrie zu verstehen, einschließlich der Sicherheits-, Regulierungs- und Umweltaspekte, und diese Herausforderungen mit einer problemlösenden Denkweise anzugehen.


Kapteina:
Gute Punkte! Kommen wir nun zu dem Thema der digitalen Transformation: wie hat sich Deiner Meinung nach das B2C- und B2B-Marketing in der Luftfahrt durch das Aufkommen digitaler Plattformen und Datenanalysen verändert?

Dr. Britton: Das Aufkommen digitaler Plattformen und Datenanalysen hat das B2C- und B2B-Luftfahrtmarketing revolutioniert. Diese Technologien haben es den Fluggesellschaften ermöglicht, ihre Kunden besser zu verstehen und mit ihnen in Kontakt zu treten, indem sie personalisierte Erfahrungen und gezielte Marketingstrategien anbieten. Die Datenanalyse hat Einblicke in die Vorlieben und das Verhalten der Kunden ermöglicht, was zu einer effektiveren Segmentierung und maßgeschneiderten Angeboten geführt hat. Im B2B-Marketing haben digitale Plattformen eine engere Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Fluggesellschaften und ihren Partnern ermöglicht, die Effizienz der Lieferkette verbessert und neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen. Die Integration digitaler Technologien hat auch den Kundenservice verbessert und ermöglicht es den Fluggesellschaften, schneller und effektiver auf Kundenanfragen und -feedback zu reagieren. Insgesamt haben digitale Plattformen und Datenanalysen das Marketing der Fluggesellschaften auf eine neue Stufe der Raffinesse und Effizienz gebracht.


Kapteina:
Kannst Du einen prägenden Moment aus Deiner Karriere bei einer Fluggesellschaft nennen, der Deinen Ansatz bei der Ausbildung von Führungskräften entscheidend geprägt hat?

Dr. Britton: Ein entscheidender Moment in meiner Laufbahn bei einer Fluggesellschaft, der meine Herangehensweise an das Führungstraining maßgeblich geprägt hat, war die Bewältigung der Herausforderungen bedeutender Abschwünge in der Branche, wie z. B. nach den Anschlägen vom 11. September 2001, sowie die Bewältigung wirtschaftlicher Rezessionen (wie in den frühen 1990er Jahren und nach dem Zusammenbruch der Finanzmärkte 2008). Diese Erfahrungen haben mich gelehrt, wie wichtig Widerstandsfähigkeit, klare Kommunikation und die Fähigkeit sind, unter Druck schwierige Entscheidungen zu treffen. Sie machten deutlich, dass Führungskräfte anpassungsfähig und einfühlsam sein müssen und in der Lage sein sollten, ihre Teams durch unsichere Zeiten zu führen. Dies hat meinen Ansatz für die Ausbildung von Führungskräften beeinflusst, bei dem ich die Entwicklung dieser Qualitäten bei künftigen Führungskräften betone. Es geht darum, sie nicht nur auf die alltäglichen Herausforderungen der Branche vorzubereiten, sondern auch auf unvorhergesehene Krisen, die eine starke, entschlossene Führung erfordern.


Kapteina:
Die Leitung heterogener Teams ist ein Markenzeichen der Luftfahrtindustrie. Welche Strategien hast Du angewandt, um in solchen Umgebungen effektiv zu führen?

Dr. Britton: Die Führung vielfältiger Teams in der Luftfahrtindustrie erfordert ein tiefes Verständnis und Respekt für kulturelle Unterschiede. Meine Strategie besteht darin, ein integratives Umfeld zu schaffen, in dem sich jedes Teammitglied wertgeschätzt und gehört fühlt. Dazu gehört aktives Zuhören, die Förderung einer offenen Kommunikation und die Schaffung von Gelegenheiten für Teammitglieder, ihre Perspektiven und Erfahrungen mitzuteilen. Ich habe mich auch auf den Aufbau von Vertrauen und gegenseitigem Respekt innerhalb des Teams konzentriert und die Vielfalt als eine Stärke erkannt und gewürdigt, die unterschiedliche Standpunkte und Ideen einbringt. Darüber hinaus ist die Bereitstellung von kontinuierlichen Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten der Schlüssel dazu, dass alle Teammitglieder über die Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, die sie für ihren Erfolg benötigen. Letztendlich geht es bei der effektiven Führung vielfältiger Teams darum, eine Kultur der Zusammenarbeit, des Respekts und des kontinuierlichen Lernens zu schaffen.


Kapteina:
Welche Schlüsseltrends werden Deiner Meinung nach die Zukunft der Luftfahrtindustrie in den kommenden Jahren prägen, wenn die gegenwärtige Pandemie gänzlich überstanden ist?

Dr. Britton: Während sich die Luftverkehrsbranche von der Pandemie erholt, werden mehrere wichtige Trends ihre Zukunft bestimmen.  Erstens hat die Pandemie die Einführung digitaler Technologien beschleunigt, und dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Fluggesellschaften werden zunehmend digitale Tools einsetzen, vom kontaktlosen Check-in und Boarding bis hin zu verbesserter Kundenkommunikation und Personalisierung. Ein zweiter Trend ist die Verschiebung des Reiseverhaltens mit einer möglichen Zunahme der Ferienreisen und einer Veränderung der Nachfrage nach Geschäftsreisen. Die Fluggesellschaften müssen ihre Streckennetze und Dienstleistungen möglicherweise anpassen, um diesen veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Und schließlich wird das Thema Nachhaltigkeit auch weiterhin im Mittelpunkt stehen, wobei die Fluggesellschaften in treibstoffeffizientere Flugzeuge investieren, alternative Kraftstoffe erforschen und Initiativen zur Verringerung ihrer Umweltauswirkungen durchführen.


Kapteina:
 Und wie bewertest Du dabei die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) bei der Neugestaltung verschiedener Aspekte der Luftfahrtindustrie, vom Kundenservice bis zur betrieblichen Effizienz?

Dr. Britton: KI spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Neugestaltung verschiedener Aspekte der Luftfahrtindustrie. Im Kundenservice wird KI bereits eingesetzt, um personalisierte Erfahrungen zu bieten, die Reaktionszeiten zu verbessern und die allgemeine Kundenzufriedenheit zu steigern. KI-gesteuerte Chatbots und virtuelle Assistenten können beispielsweise eine Vielzahl von Kundenanfragen effizient bearbeiten, so dass sich die menschlichen Mitarbeiter auf komplexere Probleme konzentrieren können. Im Hinblick auf die betriebliche Effizienz wird KI eingesetzt, um Flugrouten zu optimieren, den Treibstoffverbrauch zu senken, Wartungsverfahren zu verbessern und die Erholung von Wetterunterbrechungen zu unterstützen. KI-Algorithmen können große Datenmengen analysieren, um den Wartungsbedarf vorherzusagen und so Ausfallzeiten zu reduzieren und die Lebensdauer von Flugzeugen zu verlängern. Außerdem wird KI im Ertragsmanagement eingesetzt, um die Preisgestaltung dynamisch anzupassen und die Rentabilität zu maximieren. Insgesamt verändert KI die Luftfahrtbranche, indem sie einen effizienteren, reaktionsschnelleren und kundenorientierteren Betrieb ermöglicht.


Kapteina:
Zum Abschluss unseres Gesprächs wollte ich noch sagen, dass Du auch ein bekannter Vortragender bist, der unter anderem in Vorträgen wie "10 Punkte, die ich über Leadership gelernt habe" seine Erkenntnisse über Führung weitergibt. Kannst Du uns mehr über diesen Gesichtspunkt Deiner Berufstätigkeit erzählen und wie andere von Deinen Erfahrungen profitieren können?

Dr. Britton: Ja, das ist richtig. Neben meiner Tätigkeit in der Luftfahrtindustrie und in der Wissenschaft halte ich weltweit Vorträge zum Thema Führung. Mein Vortrag "10 Punkte, die ich über Leadership gelernt habe" fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus meiner langen und abwechslungsreichen Karriere zusammen. Diese Erkenntnisse beruhen auf realen Erfahrungen und sollen aktuelle und angehende Führungskräfte in jeder Branche inspirieren und anleiten. Auf diese Weise möchte ich die gesammelten Erkenntnisse meines beruflichen Werdegangs weitergeben und praktische Ratschläge und Strategien für eine effektive Führung vermitteln.


Kapteina:
Das klingt sehr interessant. Wie können Personen oder Organisationen, die an Deinen Vorträgen interessiert sind, mit Dir in Kontakt treten?

Dr. Britton: Bei Interesse kann ich über meine Website für Reden angefragt werden. Ich passe meine Vorträge an verschiedene Zielgruppen an, von Firmenveranstaltungen bis hin zu Bildungseinrichtungen. Den Link zu meiner Website mit weiteren Buchungsinformationen würde ich gerne mit angeben.


Kapteina:
Wir werden den Link zu Deiner Website in Deiner Antwort ergänzen. Eine letzte Frage: Welche Botschaft oder welchen Rat möchtest Du den Lesenden noch mit auf den Weg geben?

Dr. Britton: Meine abschließende Botschaft an Leser, die darüber nachdenken, für die Airline-Industrie zu arbeiten, lautet: Nehmt Veränderungen an und seid anpassungsfähig. Die Luftverkehrsbranche ist dynamisch und entwickelt sich ständig weiter. Daher ist es für den Erfolg entscheidend, flexibel und offen für neue Ideen zu sein. Bleibt neugierig und lernwillig, denn das wird Euch helfen, die Herausforderungen und Chancen zu meistern, die vor Euch liegen. Baut starke Netzwerke und Beziehungen innerhalb von Unternehmen und der gesamten Branche auf, denn diese Verbindungen werden Euch Unterstützung, Anleitung und neue Perspektiven bieten.


Kapteina:
Rob, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses aufschlussreiche Interview genommen hast!

 

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Dr. Britton und Kapteina während des Interviews, November 2023

 

Link: Dr. Rob Britton's Leadership Offerings Website (English)

 

Copyright: American Airlines, McGill, Desautels Faculty of Management, Cornell University, Republic Airline, AirLearn und andere genannte Firmennamen, Institutionen und Produkte sind eingetragene Marken der jeweiligen Organisationen und wurden bei der Erstellung dieses Interviews verwendet. Teile des Interviews wurden mit KI-Technologien von OpenAI Inc. und DeepL SE optimiert.

 

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